Wie es ist, mit Plan B zu leben
Hoch lebe Plan B! Er führte viel zu lange ein Schattendasein.
Plan B, das sind Patchworkfamilien.
Camping in den Alpen statt Trekking in Mexiko.
Balkon statt Garten, Ole statt Martin,
Gummistiefel statt Flip-Flops.
Schuldnerberater statt Wirtschaftsanwalt.
Kaiserschmarrn statt Pfannkuchen.
Plan B ist die Antwort des Lebens, wenn das Leben nicht so spielt, wie ich es geplant hatte. Schokoladeneis ist aus, nehmen Sie Maracuja. Muss nicht schlechter sein, ist nur anders.
Mit waren schon immer diese Coaches suspekt, die fragten, was ich in zehn Jahren tun will. Woher soll ich wissen, was das Leben so vorhat?
Ich schmiede gerne Pläne. Das liegt daran, dass ich viele Ideen habe. Es gibt einfach eine Menge interessanter Sachen auf der Welt. Aber dann beginnt es plötzlich zu regnen oder die Kündigung liegt auf dem Tisch und ich kann mich darüber grämen oder etwas anderen machen. Meistens mache ich was anderes. Manche sagen: „Du musst mal was durchhalten. Wer A sagt, muss auch B sagen“. Erstens frage ich: „Warum eigentlich? Und zweitens glaube ich, dass man lernen kann zu erkennen, wann eine Abzweigung die bessere Wahl ist.
Das Leben ist auf Lücke gebaut. Damit muss man klar kommen, und es ist sicher nicht die einfachste Übung. Wenn etwas nicht so klappt, wie man es sich gewünscht hat, kommt die Enttäuschung um die Ecke, und sie ist ziemlich hartnäckig. Am besten man streichelt ihr ein paar Mal über den Kopf und sagt: Komm, ich zeig dir was Schönes. Und dann muss man eben gucken, wo was Schönes ist.
Die halbe Bibel ist ein Plan B. Ich weiß, der Satz ist gewagt. Aber nehmen wir das Paradies. Das hatte Gott sich wahrscheinlich auch ganz anders vorgestellt. Alles war just fertig und roch noch nach Farbe, dann kamen die Menschen, plünderten den Apfelbaum, und vorbei war’s mit dem schönen Plan. Doch was dann folgte, war gar nicht so schlecht. Auch vor der Tür lässt sich’s ganz gut leben. Oder die Sintflut. Die ganze Menschheit wollte Gott vernichten. Im größten Zorn versteigt man sich schon mal ein bisschen und verliert jedes Maß. Wir können nachlesen, wie selbst Gott seine Meinung änderte und versprach: Das mach ich nicht wieder. Hier habt ihr einen Regenbogen, der ist das Siegel.
Und schließlich Jesus: Dessen Laufbahn auf Erden war schnell beendet. Mag sein, dass er’s geahnt hat, weil man als Aufwiegler immer gefährlich lebt. Aber geplant hatte er sein Ende am Kreuz doch bestimmt nicht. Wer will schon so sterben?
Manche sagen: doch. Gott habe das alles genau so gewollt und vorherbestimmt. Glaube ich nicht. Ich glaube, all diese Geschichten zeigen, dass Gott ein Meister des Plan B ist. Er kann aus dem größten Mist Gutes machen. Hoffnung siegt über Resignation. Mit Plan B kommt man durchs Leben. Weil es immer weiter geht.
Weil es Verwandlung gibt.
Manche nennen das Auferstehung.
Aus: Susanne Niemeyer, Mut ist Kaffeetrinken mit der Angst, S. 56-57, Herder, 2018